Das April-Monatstreffen des Vereins der Freunde des Theaters Gießen fand auf der Probebühne C in der Bahnhofstraße statt. Eingeladen war diesmal Chordirektor Moritz Laurer, der seinen Arbeitsbereich facettenreich vorstellte. Schon zu Beginn war der Chordirektor ganz in seinem Element: »Ich hätte etwas vorbereiten sollen, damit wir gemeinsam singen.« Denn: »Wir suchen immer Sänger für unseren Extrachor, besonders Männer.«
Nach einer kurzen Begrüßung durch die Vorsitzende Helga Göbel wurde der Chordirektor von ihr zu seinem Werdegang interviewt. Moritz Laurer stammt aus Wien. Der erste Eindruck: Er hat Humor, wirkt zielstrebig, gewissenhaft und will das Beste aus der Musik herausholen. Seine Liebe zur Klangkunst wurde durch seinen Vater geweckt, der musikbegeistert war und versucht hat, ihm schon als Fünfjährigem das Klavierspielen beizubringen. Mit neun Jahren begann er Cello zu spielen. Zum Musikgymnasium kam Moritz Laurer mit 13 Jahren und lernte dort Orgel, Trompete und Cembalo. Ein Lehrer dieser Schule meinte, dass er sich auch als Dirigent eigne. »Das habe ich dann ausprobiert.«
Nach Matura (Abitur) und sechsmonatiger Wehrpflicht besuchte Moritz Laurer die Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Im Studium musste er sich entscheiden: Musiker oder Dirigat. Durch die Liebe zu Chor und Orchester entschied er sich für die Ausbildung im Fach Orchesterdirigieren und Korrepetition.
Während der Coronazeit zur Untätigkeit verdammt, organisierte der Student im Wiener Stephansdom eine einmalige Konzertbühne mit 150 Teilnehmenden, die von ihm dirigiert wurden. Dies war seine erste besondere berufliche Herausforderung. Die 2. Symphonie Gustavs Mahlers wurde mit großem Erfolg aufgeführt, und die Liebe zu diesem Komponisten war entzündet. »Ich versuche, die Musik zu verstehen. Das möchte ich weitergeben. Aus meinem Hobby ist ein Beruf geworden«, berichtet er.
Seit November 2023 ist Moritz Laurer als Nachfolger von Jan Hoffmann Chordirektor am Stadttheater und musikalischer Leiter des Gießener Konzertvereins. Ein schweres Erbe? »Sich auf mich einzulassen war gar nicht so einfach für die Sänger, aber wir haben schnell zueinandergefunden.« Dem Chor attestiert er eine Offenheit, die seine Arbeit leicht mache. Auch das persönliche Miteinander passe. »Als Dirigent ist es wichtig, dass das Orchester einen mag.« Es gebe kleine Unterschiede zwischen Wien und Gießen, zählt er auf: In Wien werde bei der Kritik kein Blatt vor den Mund genommen, in Gießen dagegen oft »durch die Blume« gesprochen.
Als Chordirektor gebe es für ihn keinen ritualisierten Arbeitstag. Dieser dauere täglich von 9 bis 21 Uhr. Denn neben dem Musizieren fallen auch viele Managementaufgaben an. Wichtig sei es, sich Freiheiten zu nehmen, um die Kreativität nicht zu verlieren. So freut sich Moritz Laurer auf das Gershwin Musical »Wintergreen for President« im Mai und das Chorkonzert von Bruckner im Juli.
Der Theaterverein bemerkte spontan, dass die Arbeit des Chordirektors und 1. Kapellmeisters in Gießen sehr gut ankomme. Gut zu spüren sei die positive Zusammenarbeit mit der künstlerischen Leiterin Ann-Christine Mecke und Generalmusikdirektor Andreas Schüller. Hilfreich sei auch, in Gießen einige Weggefährten aus der »Wiener Zeit« wieder getroffen zu haben.
Die Preview-Konzerte wurden vom Theaterverein wegen ihrer fundierten Erläuterungen zu den jeweiligen Musikstücken besonders gelobt. Es sei gut, von Komponisten zu hören, die vorher nicht wahrgenommen worden waren.
Moritz Lauer rundete die gelungene Veranstaltung mit einem kurzen Klavierstück des französischen Komponisten Olivier Messiaen ab. Die Vorsitzende des Theatervereins, Helga Göbel, bedankte sich für das Gespräch und machte zugleich auf zwei Veranstaltungen aufmerksam: Für den 16. Mai ist die Spielplanpräsentation der kommenden Saison vorgesehen. Und da der Theaterverein 135 Jahre alt wird, findet am 4. Juni ein Festakt mit einem Festvortrag von Prof. Franz Josef Wetz statt.