29. April 2025, 19:00 Uhr

Geschichte bewahren

Historische Langgönser Gebäude in neuem Glanz

Finanziell geförderte Privatsanierungen verschönern nun die Langgönser Ortskerne.
29. April 2025, 19:00 Uhr
IMR
So sieht das Wirtschaftsgebäude nach der gelungenen Sanierung aus: Ein echtes Hingucker-Schmuckstück, worüber sich Doris Müller-Heinz, Gerhard Heinz (5. und. 6. v. r.) und ihre Gäste beim Ortstermin freuen. Foto: Rieger

Wo einst der Gemeindeeber grunzte, glänzen heute restaurierte Balken im Sonnenlicht - ein Bild, das in Langgöns für mehr steht als nur gelungene Handwerkskunst.

Zwei Sanierungsprojekte in Niederkleen zeigen exemplarisch, wie durch private Initiativen und gezielte Förderung aus dem Hessischen Dorfentwicklungsprogramm historische Bausubstanz nicht nur erhalten, sondern zukunftsfähig gestaltet wird.

Aus Geschichte Zukunft machen

Bürgermeister Marius Reusch hatte zum Ortstermin geladen, um zu verdeutlichen, wie wichtig solche Projekte für das dörfliche Leben sind.

»Das Programm wurde bislang gut angenommen - aber wir wollen noch mehr Menschen ermutigen, diese Chance zu nutzen«, so Reusch. Die Botschaft ist klar: Wer mit Fachberatung, Fördermitteln und Eigeninitiative an seine historische Bausubstanz glaubt, kann aus Geschichte wieder Zukunft machen.

Ein eindrucksvolles Beispiel liefert Doris Müller-Heinz. Auf dem Gelände ihrer historischen Hofreite in der Kirchstraße, erstmals 1299 erwähnt, war durch einen Sturm 2022 ein Wirtschaftsgebäude stark beschädigt worden. Ein Abriss schien unausweichlich, die Genehmigung lag bereits vor. Doch Müller-Heinz entschied sich für die aufwendige Sanierung des einsturzgefährdeten Gebäudes.

»Ohne die Förderung in Höhe von 35 Prozent hätten wir es nicht gemacht«, sagt sie offen. Rund 80 000 Euro kostete die Instandsetzung, 21 000 Euro kamen als Zuschuss. Heute wird das schmucke Gebäude als Abstellraum für Motorräder und Fahrräder genutzt. Auch das historische Hoftor wurde mit Unterstützung des Programms saniert. »Man braucht einen langen Atem, es gibt viele Vorschriften, aber es lohnt sich«, bilanziert sie.

Einen ähnlichen Weg ging Jürgen Knorz in der Kreuzstraße 9. In seiner Hofreite, deren ältester Teil auf 1780 datiert ist, ließ er die Fassaden sanieren. Der Erstkontakt zur Bauberatung erfolgte 2022, im September 2023 wurde das Projekt umgesetzt, die Fördergelder flossen im Juni 2024. Auch Knorz erhielt 35 Prozent der Kosten als Zuschuss - rund 8000 Euro bei Gesamtkosten von 28 000 Euro.

»Man braucht Geduld, die Bürokratie ist nicht zu unterschätzen«, so Knorz.

Dr. Florian Warburg vom Fachdienst Dorf- und Regionalentwicklung der Abteilung für den ländlichen Raum beim Lahn-Dill-Kreis kennt die Herausforderungen, »deshalb ist die Beratung so wichtig.« Er empfiehlt, sich frühzeitig mit der Gemeinde oder den zuständigen Beratern in Verbindung zu setzen.

Die kostenlose und unverbindliche Bauberatung durch Karl-Dieter Schnarr ist dabei ein zentrales Angebot der Gemeinde Langgöns. Schnarr begutachtet Projekte direkt vor Ort, gibt fachliche Einschätzungen und hilft, die ersten Schritte Richtung Antrag zu gehen.

Das Hessische Dorfentwicklungsprogramm, in das Langgöns 2020 aufgenommen wurde, hat seither rund zehn private Vorhaben mit insgesamt 100 000 Euro Fördermitteln unterstützt. Daraus resultierten Investitionen von etwa 280 000 Euro. Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat jedoch zuletzt zu einer geringeren Nachfrage geführt.

»Wir wollen da jetzt noch mal Power reinbringen«, sagt Reusch. Bis März 2027 können Anträge noch gestellt werden.

Martin Hanika von der Langgönser Steuerungsgruppe sieht in den Projekten von Müller-Heinz und Knorz »zwei schöne Beispiele« für das, was mit der Förderung erreicht werden kann. Ziel sei es, Leben in die historischen Ortskerne zurückzubringen. Hanika appelliert auch an die Denkmalpflege, »vor allem überkommene Regelungen ernsthaft und fachlich zu überprüfen und an Bedarfe der Menschen hier im Dorf anzupassen.«

Schleppende Auszahlung

Nicht ganz ohne Kritik blieb das Förderverfahren: Gerhard Heinz, Ehemann von Doris Müller-Heinz, bemängelte die schleppende Auszahlung der Mittel. Zwar seien die Zuwendungsbescheide schnell erteilt worden, doch das Geld komme nur stückweise.

Warburg erklärte, dies liege an der Komplexität der verschiedenen Fördertöpfe, werde aber im Rahmen der Beratung transparent im Vorfeld kommuniziert.

Das Dorfentwicklungsprogramm unterstützt in ausgewiesenen Ortskernen unter anderem die Sanierung, Umnutzung und Erweiterung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, die Verbesserung von Wohnqualität sowie die Gestaltung von Höfen und Grünflächen. Darüber informierte Dr. Andrea Soboth als Verfahrensbegleiterin: Die Förderquote liegt bei 35 Prozent, es gibt maximal 45 000 Euro Zuschuss, bei Einzelkulturdenkmalen bis zu 60 000 Euro. Wichtig: Die Arbeiten dürfen erst nach Erhalt des Zuwendungsbescheids beginnen. Eine nachträgliche Förderung ist nicht möglich.

Für Interessierte bietet die Gemeinde Langgöns weitere Informationen zur kostenlosen Bauberatung über Michael Gath (Telefon: 06403/9020-59, E-Mail: m.gath@langgoens.de) an. Die Vor-Ort-Beratung erfolgt durch Karl-Dieter Schnarr (Telefon: 06691/211-80, E-Mail: info@plusconcept.com). Die Förderberatung läuft über den Lahn-Dill-Kreis, Ansprechpartnerin ist Susanne Kozian (Telefon: 06441/407-1796, E-Mail: Susanne.Kozian@lahn-dill-kreis.de).



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