21. Juni 2022, 13:00 Uhr

Pohlheim

Volksnah und zugleich Parteisoldat

Hessens neuer Ministerpräsident Boris Rhein war kurz zu Besuch bei einer Parteiversammlung in Pohlheim.
21. Juni 2022, 13:00 Uhr
CDU-Bundestagsabgeordneter und Kreisvorsitzender Helge Braun (l.) sowie Hessens neuer Ministerpräsident Boris Rhein ließen sich zu einem Gruppenbild mit den auftretenden »Mollynchen« vom Carnevalverein animieren. Foto: Häuser

Eines muss man Boris Rhein bescheinigen: Als neuer Ministerpräsident gibt er sich volksnah und geht gleich zu Beginn seiner Amtszeit auf Menschen zu. So auch in Pohlheim: Als sein Dienstwagen an Fronleichnam kurz nach 14 Uhr vor der Volkshalle hält, ist Rheins erster Gang nicht etwa in den Saal, wo die CDU Pohlheim ihre Mitgliederversammlung abhält, sondern der Brunnen vor dem Gebäude, an dem ein Vater mit seinen beiden Kindern im Schatten sitzt. Herzliche Begrüßung von Rhein und ein Foto mit den Kleinen - dann erst geht’s zu den Parteifreunden aus Gießens größter Kreiskommune.

Ukraine »kann uns nicht kalt lassen«

Helge Braun hatte eingangs der Versammlung in seiner Funktion als CDU-Kreisvorsitzender und Bundestagsabgeordneter den Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen in den Mittelpunkt gerückt. »Der Angriff Russlands hat uns vor Augen geführt, wie fragil der Frieden in Europa ist«, sagte Braun. Präsident Wladimir Putin wolle das heutige Europa unter russische Herrschaft bringen und deshalb »kann uns dieser Konflikt nicht kalt lassen«. Die Auswirkungen seien gestörte Lieferketten und massive Teuerungen. Die Inflationsspirale müsse zum Stehen gebracht und zugleich die Wirtschaft gestärkt werden, meinte Braun.

Große Sorgen macht sich der ehemalige Kanzleramtsminister auch um den Energiesektor. Die Kostensteigerungen seien für die Bürger nur noch schwer zu ertragen. Um die Versorgung sicherzustellen, müsse auch wieder über Laufzeiten von Atom- und Kohlekraftwerken diskutiert werden.

Aufgelockert durch Lieder der örtlichen Gesangvereine Eintracht und Germania sowie von Tanzformationen des Carnevalvereins »Die Mollys«, standen hauptsächlich Ehrungen auf dem Programm - und im Besonderen die Wahl von Jakob Ernst Kandel zum Ehrenvorsitzenden der CDU Pohlheim. Mehr als 40 Jahre hatte sich Kandel in unterschiedlichsten politischen Ämtern für die Partei engagiert.

Dieses Wirken sollte mit dem Ehrenvorsitz gewürdigt werden. Der Vorschlag, öffentlich darüber abzustimmen, wurde vom ehemaligen Stadtverbandsvorsitzenden Reiner Leidich aber mit Verweis auf die Satzung negativ beschieden. So mussten Stimmzettel her, die ein eher überraschendes Ergebnis brachten: Denn von den 30 Stimmen gab es lediglich 21 Ja-, aber neun Nein-Stimmen. Kandel ließ sich davon aber nicht beeindrucken und nahm die Wahl trotz mäßiger Prozentzahl »mit Freuden« an.

Selbstbeweihräucherung statt Programmatik

Zurück zu Boris Rhein: Wer sich vom neuen Landesvater eine programmatische Rede erwartet hatte, wurde enttäuscht. Weil Rhein noch zu einer Preisverleihung für Altbundespräsident Joachim Gauck nach Osthessen weiterreisen musste, blieb es bei einem eher knappen Grußwort mit werbeähnlichen Floskeln über die CDU. Auch den Abstecher in die Pohlheimer Kommunalpolitik mit dem leidigen Kita-Thema und der CDU in der Oppositionsrolle handelte Rhein in Selbstbeweihräucherung seiner Partei ab. Pohlheims Bürgermeister Andreas Ruck blieb aber gelassen und entgegnete diplomatisch: »Ich wünsche mir, dass Sie nicht nur parteipolitisch unterwegs sind!« (hä)

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