19. Dezember 2018, 15:23 Uhr

Jahresrückblick 2018

Jahresrückblick 2018: Mittelhessens erfolgreiche Trainer

Ingo Freyer, Kai Wandschneider und Daniyel Cimen – die drei großen Trainer der mittelhessischen Topclubs Gießen 46ers, HSG Wetzlar und FC Gießen – schauen auf 2018 zurück und legen ihre Wünsche für die Zukunft offen.
19. Dezember 2018, 15:23 Uhr
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Von Wolfgang Gärtner
(Foto: Harald Friedrich)

Sie stehen im Rampenlicht, müssen permanent abliefern, in Sekundenschnelle Entscheidungen treffen, den Kopf hinhalten und werden dann meist von vielen nur über das reine Ergebnis beurteilt. Ihr Job ist facettenreich, dabei schlüpfen sie in unterschiedliche Rollen. Ob Taktiker, Vater, Vertrauter, Tröster, Aufmunterer, Pädagoge, Psychologe oder einfach nur Mensch. Ein guter Trainer muss heutzutage vielfältig aufgestellt sein, wenn er aus seiner Mannschaft das Optimum herausholen will.

Nicht alle machen sich so viele Gedanken wie Ingo Freyer von den Bundesliga-Basketballern der Gießen 46ers, Kai Wandschneider von den Erstliga-Handballern der HSG Wetzlar und Daniyel Cimen vom Fußball-Hessenliga-Spitzenreiter FC Gießen. Die drei sind ein Glücksfall für ihre Clubs, weil sie mit jeder Faser ihres Körpers ihren Beruf ausüben und das Verlangte vorleben. Dabei sind sie authentisch geblieben – das merken und fühlen die Spieler, die es ihnen mit Leistungen zurückzahlen.

 

Wandschneider zweimal Trainer des Jahres

Alle drei haben ein Gespür für die Situation, für den Menschen, der ihnen gegenübersteht, haben die Gabe, die Spieler weiterzuentwickeln, sie besser zu machen und sie für das gemeinschaftliche Ziel zu gewinnen. Wandschneider, Freyer und Cimen kommen in die Köpfe ihrer »Jungs« hinein – und in die Herzen der Fans.

Kai Wandschneider (Trainer HSG Wetzlar)

Der 59-jährige Wandschneider ist seit sechs Jahren Cheftrainer der HSG Wetzlar. Er schafft es jede Saison aufs Neue, mit kleinem Geld und verändertem Kader ein Team zusammenzustellen, das weit über dem Erwarteten performt. Das blieb in den vergangenen Spielzeiten nicht unerkannt. Zweimal wurde der gebürtige Hamburger in der besten Handball-Liga der Welt zum Trainer des Jahres gekürt. Ein Ritterschlag für den ehemaligen Zweitligaspieler. Er hat es als einer der wenigen geschafft, in der Handball-Bundesliga Coach zu werden, obwohl er selbst nicht in der besten Liga der Welt gespielt hat.

Der 47-jährige Freyer dagegen hat im Basketball als Profi alle Stationen durchlaufen, ehe er seine Berufung als Trainer fand: Jugend- und Männer-Nationalmannschaft, mit Alba Berlin Gewinner des Korac-Cups und weitere Stationen in der ersten und zweiten Bundesliga bis 2004. Bevor er nach Gießen kam und schon nach kurzer Zeit ein hohes Standing bei den Fans und im Gießener Umfeld genoss, arbeitete er zehn Jahre in Hagen und bewies an einem BBL-Standpunkt mit stark limitierten Faktoren in eindrucksvoller Manier seine Fähigkeiten.

 

Cimen führt Gießen an die Tabellenspitze

Daniyel Cimen, der Ex-Fußball-Profi von Eintracht Frankfurt unter Trainern wie Willi Reiman oder Friedhelm Funkel, arbeitet seit knapp über einem Jahr beim FC Gießen und führte ihn an die Tabellenspitze der Hessenliga. Der 33-Jährige, der zudem jahrelang als U19-Trainer bei der Eintracht arbeitete, hat den Auftrag, den FC in die Regionalliga zu führen – und dann am besten gleich noch eine Klasse höher.

Daniyel Cimen (Trainer FC Gießen)

»Das ganze Jahr 2018 kann man aus unserer Sicht sehr positiv sehen. Wir hatten im Sommer die Fusion und wussten nicht, wie nimmt die Stadt das an, kommen die Leute ins Stadion oder nicht. Dass alles dann so toll gelaufen ist, war für mich das Highlight mit dem i-Tüpfelchen Sieg im Pokal-Achtelfinale gegen den FSV Frankfurt unter Flutlicht vor knapp 4000 Zuschauern«, so Cimen. Er wünscht sich, dass der FC Gießen 2019 in der Regionalliga spielt und dass die Stadt und die Leute das so annehmen, dass man zusätzlich zum Basketball und in Wetzlar zum Handball höherklassigen Fußball sieht. »Ich sehe das nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung für die Menschen, die sich das anschauen können.«

Für Wandschneider war das Erreichen des legendären Final-Four (Pokal-Endrunde) in der »fantastischen« Halle in Hamburg ein Höhepunkt der Saison. »Gleichzeitig ist es aber auch ein ernüchterndes Ereignis gewesen«, konstatiert der 59-Jährige mit Blick auf die Halbfinal-Begegnung gegen den TSV Hannover-Burgdorf, die ihm immer noch durch den Kopf geht. In der Halbzeit leuchtete ein 15:4 für die Niedersachsen von der Anzeigetafel.

 

Spiele donnerstags und sonntags kommen beim Publikum nicht an

»Wir haben kein Bein auf die Erde bekommen. Das Ganze war eine mentale Sache. Die Spieler haben später erzählt, dass es am Anfang noch ging, aber als nichts klappte, war ihnen bewusst, wer alles zuschaut, was für eine TV-Präsenz vorhanden war. Und das machte alles noch schlimmer«, lässt Wandschneider die 19:24-Niederlage Revue passieren. Auf eine ähnliche Stufe von der Bedeutung her hebt Wandschneider die beiden Siege in der Liga gegen den Abo-Meister THW Kiel, die einer Sensation glichen. »Wir haben in jeder Saison etwas Besonderes geschafft«, so der HSG-Coach. 

Er baut auf die deutsche Handball-Nationalmannschaft, dass sie bei der Heim-WM (mit Dänemark Ausrichter) erfolgreich ist. Das habe immer Signalwirkung – besonders auf die Zuschauerzahlen. »Ich wünsche mir, dass unsere Halle wieder ausverkauft ist. Wir haben einen Zuschauerrückgang, der uns wirklich trifft«, erklärt Wandschneider. 13 Erstligisten haben niedrigere Zuschauerzahlen als in der letzten Saison. Das läge wohl daran, dass die Zeiten donnerstags und sonntags beim Publikum nicht ankommen, die in Kooperation mit Sky und ARD /ZDF so entstanden seien. Das müsse man im Auge behalten. Ein weiterer Wandschneider-Wunsch ist es, dass die HSG Wetzlar erneut die Klasse hält – und damit die 22. Saison in Folge in Liga eins perfekt macht. 

 

Gießen braucht neue Halle

Ingo Freyer (Trainer Gießen 46ers)

Für Freyer hat die gesamte Entwicklung des Clubs während der Saison 2017/18 – neuer Trainer, neue Spieler, großer Umbruch – und auch aktuell eine enorme Bedeutung, die am Ende noch einen Höhepunkt finden kann, wie er es mit einem Lächeln im Gesicht ausdrückte. Nur zu gerne erinnert er sich an den Sieg im April gegen Alba Berlin (der letzte lag 15 Jahre zurück) in einer ausverkauften Osthalle, an die getätigte Weiterverpflichtung von Kapitän John Bryant im Sommer und die Verpflichtungen von namhaften Spielern wie Brandon Thomas und David Bell. »Alle waren gespannt, was bei den 46ers passiert«, sagt Freyer. Das alles hat sich in guten Ergebnissen und gesteigertem Zuschauerinteresse widergespiegelt. »Es wird in allen Bereichen immer mehr«, erklärt er. 

Für die Zukunft hat der Familienvater eine klare Vorstellung. Man müsse sich in Deutschland im Basketball schneller verändern, um besser zu werden. Die Entscheidungen, die getroffen werden, dauern ihm zu lange. »Ich weiß nicht, wann die neue Hallensituation mit einer Fassungskapazität von 5000 Zuschauern als Standard geklärt werden soll, um erste Liga zu spielen. Runtergebrochen auf Gießen heißt das aber: Wir brauchen in absehbarer Zeit eine neue Halle. Das ist das A und O für die Zukunft des Gießener Basketballs«, gibt 46ers-Cheftrainer Freyer deutlich zu verstehen, was er sich vorstellt. 

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