Zehn Brücken gibt es heute im Verlauf der Nidda in der Kernstadt, früher meist aus Holz, später durch Steinbrücken oder solche aus Beton ersetzt - lästige Bauzeiten waren auch damals auszuhalten, allerdings nicht so einschneidend wie heute an der Hauptverbindungsstraße in Nidda. Mehr noch: Mit historischen Fotos und detaillierten Berichten machten Martin Röhling, Vorsitzender des Vereins Heimatmuseum Nidda, und seine Stellvertreterin Gunhild Richter die unglaublich eng bebaute Struktur der mittelalterlichen Stadt zwischen Rauner Tor und Kohdener Tor auf der heutigen Mühlstraße deutlich. Der Verein hatte zu einem Rundgang am Tag des offenen Denkmals eingeladen.
200 Einwohner auf kleinem Gelände
Kaum vorstellbar, dass auf einem so kleinen Gelände die damals 2000 Einwohner mit ihren Scheunen, Handwerks- und Wirtschaftsgebäuden leben konnten. Die Stadtmühle lag außerhalb des Mauerrings, ebenso ein weiteres Haus, in dem Münzen geprägt wurden. Zur Herrschaftszeit der Grafen von Ziegenhain und Nidda hatte die Stadt Münzrecht, zwei Münzen aus dieser Zeit sind im Heimatmuseum zu sehen. Ebenso eine Münze aus dem Dreißigjährigen Krieg, als Nidda noch eine kurze Zeit eine Prägestätte war.
Zum Rundgang kamen morgens und mittags je eine Gruppe Interessierter. Einige in Nidda aufgewachsen, konnten mit eigenen Erinnerungen ergänzen. Erste Station war die Krötenburgbrücke. Zum ersten Mal schriftlich verzeichnet ist sie im Urkataster der Stadt von 1845, das inzwischen in der Datenbank Lagis einzusehen ist. Damals hieß die Krötenburgstraße noch Rumpelgasse. Übrigens münde hier der Kohdener Bach in die Nidda, sei aber 1968 beim Neubau der Brücke in Beton so überbaut worden, dass man nur noch eine Rohrmündung erkennen kann.
Röhling kam auf die Gräben zu sprechen, die auf dem Stadtplan genannt werden, etwa »Rauner Graben« oder »Auf dem Graben«. Damit wurden damals echte Abzugsgräben bezeichnet, keine Straßen. Anscheinend bildete das Netz der Gräben ein zuverlässiges Schutzsystem. Röhling: »Nidda hatte im Mittelalter praktisch kein Hochwasser - ganz anders als in der Neuzeit!« Außerdem stellten die Gräben zumindest ein Hindernis bei feindlichen Überfällen dar.
Nächste Station war die Jahnbrücke über die Nidda zwischen den Straßen »Am Wehr« und »Hinter dem Brauhaus«, eigentlich eher ein Steg. Früher war sie die Verbindung zwischen der Volksschule an der Schillerstraße, auch dem damaligen Realgymnasium an der Hindenburgstraße, und der Turnhalle am Standort des heutigen Bürgerhauses.
Richter: »Ihren Namen hat sie nach Friedrich Ludwig Jahn bekommen, dem Förderer des Turnens im frühen 19. Jahrhundert.«
Die Mühltorbrücke mit steinernen Begrenzungsmauern, Wappen und Inschrift bildet noch heute ein eindrucksvolles Bild. Man nimmt an, dass es vor dieser Steinbrücke, erbaut 1607, eine ältere, wohl hölzerne Brücke gab. Und auch hier waren 1844 Sanierungsarbeiten nötig. »Renovierungsbedürftig ist sie inzwischen wieder« betonte Martin Röhling. Er konnte auch den ungefähren Standort einer Brücke zeigen, die den längst durch Überbauung verschwundenen Hohensteiner Bach überspannte.
Überraschungen boten historische Fotos aus dem Archiv des Heimatmuseums. So sah auf einem Foto von 1929 die Neue Brücke geradezu zierlich aus, auf jeden Fall weit schmäler als heute. Ein Boot mit fünf rudernden Männern darin war im Flussbett zu sehen. Ein waschechter Niddaer unter den Teilnehmern, Jürgen Uwe Klein, freute sich an dem Foto: »Der zweite Ruderer von links war mein Opa!«
Ein Blick auf die Baustelle zeigte, dass man mit dem Neubau gut vorangekommen ist. Auch Röhling geht davon aus, dass die Bauzeit eingehalten und nicht überschritten wird. Weiter ging es zur ältesten Brücke Niddas, dem Langen Steg, 1318 zum ersten Mal erwähnt. Rauner Bürger benutzten ihn, um zum Sonntagsgottesdienst in die Johanniterkirche zu kommen. Bei einem Neubau 1907 wurde die Holzbrücke abgerissen und durch eine Stahlkonstruktion ersetzt.
Einblick in die Sakristei
Röhling und Richter zeigten die Sakristei im Erdgeschoss des Johanniterturms, ein weiteres Element des mittelalterlichen Nidda. Früher wurde der Turm im ersten Stock durch eine Tür vom südlichen Seitenschiff aus betreten. Dann wurde das baufällige Kirchenschiff abgebrochen. Um zum Läuten an die Glockenseil zu kommen, wurde das Gewölbe der Sakristei durchbrochen. Noch etwas konnte Röhling vor dem Turm zeigen: das steinerne Maßwerk eines gotischen Spitzbogen-Fensters, das der Steinmetz als Gesellenstück angefertigt hatte.