Gute Fotos sind das A und O für eine Tageszeitung. Das Salz in der Suppe, sozusagen. Hätten Sie sonst in diesen Artikel reingelesen, wenn das Foto Sie nicht angelockt hätte? Und die besten macht unsere WZ-Fotografin Nici Merz, (nic). Einen Tag lang habe ich sie für den »Tag des Lokaljournalismus« bei ihrer Arbeit begleitet. Per Zufall stellt sich gleich zu Beginn heraus: Auf diesen Tag genau ist sie seit 30 Jahren fest angestellt für die WZ unterwegs.
Der Tag beginnt mit einem Kaffee bei ihr zu Hause in Ockstadt. Es ist Montag, die Fotos vom Sonntag auf dem Fußballplatz hat sie schon archiviert. Auf einem Block hat sie ihre To-dos für heute notiert: Fotos zur Lärmbelastung auf der Frankfurter Straße und »intelligente« Mülleimer in Bad Nauheim. Die Fotos sind nicht an eine Uhrzeit gebunden, sie kann sich also die Route legen, wie sie passt. Um 15 Uhr: Ein fixer Termin zum »Bürgercockpit« in der Kurstadt.
Tag des Lokaljournalismus: Mit offenen Augen durch die Wetterau
»Wir müssen los«, sagt Nici und schultert den Rucksack mit der Ausrüstung: Ihre Canon-Kamera, das Tele- und ein weiteres Objektiv, Gegenlichtblende und aufsetzbarer Blitz. Wir setzen uns in das WZ-Auto, das (nic) fest für ihre Einsätze hat, und fahren aus Ockstadt raus. »Ich halte immer überall Ausschau nach Baustellen, Veränderungen und möglichen Motiven für die Redakteure«, sagt die 56-Jährige. Und siehe da: Neben den Glascontainern am Fußballplatz liegen mehrere Tüten mit Müll - Dämmwolle, Plastik, ein Tisch steht daneben. »Das fotografiere ich und schicke es (jw) für den Guckkasten«, sagt Nici, parkt und zückt die Kamera. Sie achtet auf die Perspektive, wie die Sonne steht, bietet Hoch- und Querformat an, damit der Redakteur die Auswahl hat, und macht meist mehr Bilder für das Archiv. »Ich will alles ins rechte Licht setzen«, ist ihr Motto.
(nic) checkt ihr Handy. Eine Nachricht von Frauke Ahlers, (fa). Sie solle bitte Einkaufsbilder von der Friedberger Kaiserstraße machen, für eine Sonderseite zum Muttertag. Dort angekommen, halten wir nach passend dekorierten Schaufenstern Ausschau, achten auf Fußgänger mit vollen Tüten. Um das Bild lebendiger zu machen, nimmt sie Blumen unscharf in den Vordergrund. »Ich achte auf kleinste Details, das ist schon in meinem Blut.« Ein Gebäude fotografieren, wenn die Müllabfuhr kommt? Auf keinen Fall, dann sind die Tonnen im Bild. Weihnachtsbeleuchtung tagsüber in Szene setzen? Geht nicht, die wirkt nur im Dunklen gut.
Tag des Lokaljournalismus: Manchmal leben Fotografen gefährlich
Weiter geht’s zur Frankfurter Straße in Bad Nauheim. An der Kreuzung vor dem China-Restaurant soll Nici ein Foto zum Lärm durch Autos machen. Das wirkt natürlich nur, wenn viel Verkehr zu sehen ist. Zum Glück wird die Ampel gerade grün… und schon steht (nic) mitten auf der Straße, die Autos fahren auf sie zu. »Du siehst, mein Beruf ist manchmal auch gefährlich«, sagt sie und lacht. Als nächstes geht’s in den Kurpark, um die »intelligenten« Mülleimer - die sich bedanken, wenn jemand etwas reinwirft - zu fotografieren. Spontan macht die Fotografin mich zum Model, eine zerknüllte Seite aus meinem Block soll in der Klappe verschwinden. »Die Hand ein bisschen höher, das Papier weiter nach links.« (nic) hat 30 Jahre Übung darin, Anweisungen so zu geben, dass sie das perfekte Foto kriegt. »Wenn ich das erste Bild gemacht habe, kommen tausend Ideen für weitere Motive und Perspektiven.«
Am liebsten fotografiert Nici Merz Menschen. Kein Wunder, hat sie doch ihre Ausbildung als Porträt- und Hochzeitsfotografin bei Foto Pfarr in Friedberg gemacht. Auch Fotos für die Sportredaktion macht sie gerne, besonders Reiten und Tanzen - zwei Sportarten, die sie selbst betreibt. Dass sie dafür oft am Wochenende bei Wind und Wetter auf den Fußballplätzen und in den Sporthallen des Kreises unterwegs ist, macht sie gerne.
Tag des Lokaljournalismus: Fotos sichten, auswählen und bearbeiten
Später treffen wir Petra Ihm-Fahle, (ihm), im Co-Working-Space in den Kolonnaden. Nici fotografiert das neue »Bürgercockpit« der Stadt für den Text der Redakteurin. Zwanzig Minuten später ist alles im Kasten, beziehungsweise auf der Kamera. Doch mit dem Fotografieren allein ist die Arbeit nicht getan: Alle Bilder werden gesichtet, ausgewählt und noch einmal bearbeitet, bevor sie an den Redakteur gehen. Dazu geht es zurück nach Ockstadt. Danach steht die WZ-Fotografin dann ausnahmsweise selbst vor der Kamera. Dahinter versuche ich, (keh), sie ins rechte Licht zu rücken. Und das ist viel schwerer, als es auf den ersten Blick vielleicht aussehen mag. Deswegen sind wir froh, dass sie da ist, unsere liebe (nic), und hoffen, dass sie unsere Zeitung noch lange mit ihren tollen Fotos bereichert. Und schon klingelt das Telefon und Nici düst wieder los…
Info: 30 Jahre (nic) bei der WZ
Am 5. Mai 1995 hat Nici Merz, auch bekannt als (nic), als Fotografin bei der Wetterauer Zeitung angefangen. Eine ganz andere Zeit, wie sie selbst sagt: »Da habe ich noch in der Dunkelkammer gestanden und Filme entwickelt. Die Abzüge gingen mit dem Taxi zum Druck nach Gießen.« Viel hat sich seitdem verändert - technisch, aber auch gesellschaftlich. »Damals hieß es auf dem Sportplatz noch: ›Jetzt schicken sie schon eine Frau zum Knipsen.‹ Das ist zum Glück heute anders«, sagt (nic). Geblieben ist die Flexibilität und Spontanität, die eine Pressefotografin besitzen muss: »Wenn es brennt oder ein Unfall passiert, muss ich schon mal alles stehen und liegen lassen.« Die Dinge, die sie immer im WZ-Auto hat: Gummistiefel, Regenschirm, Getränke, Block und Stift, um sich Namen und Funktion der Fotografierten zu notieren. Für das perfekte Foto hat sie sich schon Leitern ausgeliehen oder bei Leuten geklingelt, um auf ihren Balkon zu gelangen. Wie sie damals eigentlich zur Zeitung gekommen ist? Ihre Tante hat die Annonce »Pressefotograf gesucht« in der WZ gesehen. (nic) dachte: »Das ist etwas Neues und klingt spannend. Ich probiere es mal.« Sie bewarb sich und der Rest ist ein Stück WZ-Geschichte.