23. Mai 2024, 17:27 Uhr

ECKDATEN

»Weniger Staub, Lärm und Gerüche«

Jessica Seyfried möchte ihren Islandpferdehof in Zell umfassend modernisieren. Einige Nachbarn stehen ihren Plänen schon seit einigen Jahren skeptisch gegenüber. Das ursprüngliche Konzept ist mittlerweile stark überarbeitet.
23. Mai 2024, 17:27 Uhr
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Zwei in die Jahre gekommene Offenställe auf der Wiese unmittelbar hinter dem Islandpferdehof mit der Wohnbebauung im Hintergrund. Im Bestand soll nun alles moderner und auch die genutzten Flächen »entzerrt« werden. FOTO: CHRISTIAN DICKEL

Gemeinsam mit ihrem dreijährigen Sohn führt Jessica Seyfried über ihren Hof und präsentiert den Istzustand. Seit 1990 in Betrieb, ist einiges sichtbar in die Jahre gekommen. Daher fasste sie vor mittlerweile fünf Jahren den Beschluss, umfassend zu modernisieren. Doch bislang ist nichts passiert. Ihren ersten Bauplan habe das Kreisbauamt mit der Begründung abgelehnt, dass es nicht kompetent genug sei, um darüber zu entscheiden. Daher sei sie im Anschluss mit den vorhandenen Plänen noch unter Ex-Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg in die Bauleitplanung eingestiegen. Das war im April 2021. Nun, fast drei Jahre später, sind diese komplett überarbeitet und vieles ist ganz anders als damals. Um Vorbehalte aus dem Weg zu räumen, stellte sie kürzlich die aktuellen Pläne zunächst der Stadt Romrod und weiteren Entscheidungsträgern inklusive Besichtigung der bestehenden Anlagen vor. Zudem lud sie am Tag darauf die komplette Nachbarschaft ein. Verbunden mit der Hoffnung, dass die neuen Pläne auf Wohlwollen stoßen. In einer 3-D-Visualisierung habe sie den Bewohnern der direkt anliegenden Grundstücke alles im Detail erläutert. »Ich wollte jedem die Chance geben, sich vorzustellen, wie es einmal aussehen könnte«, sagt sie. Das habe sie extra noch einige Monate vor der frühzeitigen öffentlichen Beteiligung gemacht, die im Verfahrensverlauf vorgesehen ist.

»Im Prinzip ändert sich nichts, außer dass die 35 Jahre alten Stallungen neu gemacht werden«, fügt sie an. Aus ihrer Sicht sei der Termin mit den Stadtverordneten sehr konstruktiv verlaufen und es hätten einige Bedenken ausgeräumt werden können. Dagegen täten sich einige Nachbarn weiterhin schwer, obwohl die Modernisierung einige Vorteile mit sich bringe. Weniger Lärm, Staub und Geruch - sprich die Emissionen würden sogar sinken.

Sie könne gut nachvollziehen, dass der Ende November 2021 vorgestellte Plan mit einer großen Halle - quasi alles unter einem Dach - in der Mitte auf wenig Gegenliebe gestoßen sei. Dieses Konzept habe ihr selbst nicht besonders gut gefallen. Aber ihr Planer, der eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet für Pferdehöfe sei, habe damals noch erklärt, dass dies »State of the Art« in der modernen Pferdehaltung sei. Nach dem ursprünglichen Plan wäre zwar alles schön begrünt worden, aber die Weitsicht wäre für einige Nachbarn verloren gegangen, räumt sie ein.

Das sei aber nun über den Haufen geworfen worden, weil sich in der Zwischenzeit einiges getan habe. So kaufte sie den direkt angrenzenden Bauernhof mit einem Stall für etwa 40 Kühe, der den Bau einer großen Halle obsolet mache. Darüber hinaus habe sie zwei angrenzende Wiesen und ein weiteres Wohnhaus erworben, um alles deutlich zu entzerren. Somit habe sie große Zusatzkosten auf sich genommen, um die Nachbarn mit ihrem Vorhaben zu entlasten. Damit solle der aufgekommene Eindruck, dass alles an einem Ort zu viel sei, reduziert werden. Dementsprechend habe sie nun den neuen Flächenplan vorstellen können. Der überdachte Liegebereich und Offenstall mit Funktionsbereich sei vom Tisch. Nun sollen sich die Liegeflächen im alten Kuhstall befinden und auf der freien Fläche soll alles viel kleinteiliger werden. Dabei werde versucht, die Abstände zur Wohnbebauung in alle Richtungen so groß wie möglich zu gestalten. So habe jeder Nachbar mindestens 20 Meter Abstand zu einem Pferd. Alles, was vom ursprünglichen Plan geblieben sei, sei die Reitplatzüberdachung. Aber selbst diese sei viel niedriger als die Wohnbebauung und ohnehin falle die Höhe weitaus geringer aus, als sie rein baurechtlich erlaubt sei. Die Sicht sei nun nicht mehr das Thema. Jedoch stehe nun die Frage nach den Emissionen im Mittelpunkt bei den Bedenkenträgern. Obwohl der Pferdehof hier weit unter den gesetzlichen Grenzwerten liege, habe sie einen Emissionsgutachter engagiert, um auch hier ein deutliches Entgegenkommen zu signalisieren. In den aktuellen Plänen werde ein Großteil der Emissionen nach Norden - sprich ins freie Feld - umgelenkt. Bei Umsetzung des aktuellen Plans würden Gerüche reduziert, Lärm gemindert, weil die Betonböden durch Gummimatten ersetzt würden, und vor allem werde es viel weniger Staub geben. Letzteres werde mit Spezialböden erreicht, die bei Trockenheit mit aufgefangenem Oberflächenwasser benässt würden. Das komme nicht nur den Nachbarn, sondern auch den Pferden zugute, da die Tiere sehr staubempfindlich seien. Aktuell fließe bei starkem Regen das Wasser von den Wiesen über den Pferdehof und lande danach im städtischen Kanal. Auch fange sich Wasser bei einem Nachbarn im Garten. »Durch die angedachte Baumaßnahme reduzieren wir Staub, Geräusche und Oberflächenwasser. Es kann doch nichts besser werden, wenn wir nichts machen. Die seit Jahren bestehenden Beeinträchtigungen sollen doch verschwinden«, sagt Seyfried. Selbst der Mistanhänger würde verschwinden und die oft bemängelte Parkplatzsituation vor der Pension und am Pferdehof werde gelöst. Eine weitere Befürchtung sei, dass sich der Pferdehof massiv vergrößern werde. Aktuell seien es rund 50 Pferde, die aber gar nicht alle auf dem Hof seien, sondern außerhalb auf den Wiesen. »Das ist kein Schweinestall, wo alles direkt auf dem Hof stattfindet«, erklärt sie. Angedacht sei eine Genehmigung für etwa 80 Pferde zu erhalten. In der absoluten Hochzeit um die Jahrtausendwende habe der Hof 87 Pferde beheimatet. Einschränkend müsse sie aber nochmals erklären, dass es auszuschließen sei, dass sich alle Pferde direkt am Hof befinden. Schon jetzt gebe es eine Gruppe mit 15 Pferden, die 365 Tage im Jahr draußen sei. Eine Stallhaltung mit einer Box pro Pferd wie es noch im Jahr 1990 üblich war, habe es noch nie auf dem Islandpferdehof gegeben. Die Familie setze seit jeher auf Offenstallhaltung, weil dies artgerecht sei. In der Wildnis laufe ein Pferd um die 40 Kilometer täglich und das über 16 Stunden hinweg. Ziel sei die gesunderhaltende Pferdehaltung. Deshalb basiere der Betrieb auch auf der eigenen Futtergewinnung, die zu 100 Prozent stattfinde.

Genau genommen handelt es sich bei Islandpferden um Ponys. Der Hof beherbergt ausschließlich Rassen, die kleiner als 1,48 Meter (laut Definition Ponys) sind sowie ganz kleine Shetlandponys (Stockmaß 1 Meter)

1990 für reinrassige Islandpferdezucht gegründet.

Zweites Standbein: Pensionspferdehaltung. Zwischenzeitlich unterbrochen und 2016 wiederaufgenommen - auch Reha-Pferde werden untergebracht.

Als weitere Einnahmequelle ist eine kleine Reitschule angegliedert - hier gibt es Kurse schon vom 2,5-jährigen Kind bis zum Senioren. Weitere Angebote sind Reiten als Gesundheitssport sowie der Betrieb eines Mini-Reitsportladens.

Seit 2010 sind Zimmer zur Übernachtung für Ferien auf dem Bauernhof hinzugekommen. Im Jahr 2018 wurde dann die »Landpension zur Hainbuche« mit sieben Zimmern eröffnet. Diese wird auch von Monteuren oder Gästen von Feierlichkeiten in der Umgebung als Frühstückspension genutzt.

Der Betrieb beschäftigt zwei sozialversicherungspflichtige Angestellte, bildet aus (auch Reitlehrer) und bewirtschaftet rund 28 Hektar Grünland in Form des ökologischen Landbaus. CDC



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