Es ist Mittwoch, kurz nach 17 Uhr. Der Parkdruck in der Innenstadt ist gerade mäßig und im Kurpark sind im Laufe der Stunde knapp 300 Menschen unterwegs. Der Wind hat eine Geschwindigkeit von 3 Metern pro Sekunde, die Luftqualität ist gut. In die intelligenten Mülleimer passt noch was rein. Gut zu wissen, dank des neuen »Bürgercockpits«. Das findet sich auf der Homepage smartes.bad-nauheim.de, entweder via Smartphone oder im Co-Working-Space »Work Nouveau« (In den Kolonnaden 7) in Bad Nauheim.
Bürgercockpit basiert nicht auf personenbezogenen Daten
Dahinter steckt ein neues digitales Angebot der Stadt. Mit Zahlen und Fakten zur Situation in der City. Die basieren auf Daten, die das Rathaus mittels Sensoren sammelt. Kontrolle durch den »großen Bruder« ist nicht die Absicht, sondern etwas anderes.
»Wir werden keine personenbezogenen Daten abspeichern«, unterstreicht der städtische Fachbereichsleiter Matthias Wieliki. Auch Videoüberwachung finde nicht statt. »Ziel ist: Wir haben in den Hochphasen der Pandemie noch mehr erkannt, dass die Innenstadt eine starke Bedeutung für Bad Nauheim hat.« Verschiedene Steuerungsentscheidungen könne das Rathaus besser treffen, wenn die Datenlage besser sei und man die Innenstadt verstehe.
Bürgercockpit: Wie hoch ist der Parkdruck?
Blick in den Kurpark. Dort stehen einige der intelligenten Mülleimer mit der Aufschrift »Bad Nauheim wird smart«. Ein grün leuchtendes Symbol zeigt an, dass sie zu zwei Dritteln voll sind. Wie sich herausstellt, können sie sprechen, wenn man etwas reinwirft. »Jetzt sind unsere Straßen wieder sauber«, bedankt sich der Mülleimer. Drei männliche Kurgäste spazieren an den Bäumen vorbei. Deren Zweige bewegen sich leicht im Wind - ganz, wie es die digitalen Infos beschreiben. Einer der Männer zeigt auf den Mülleimer: »Ich finde das gut.«
Wie sieht es mit den Parkplätzen aus? Laut »Bürgercockpit« herrscht zwischen 17 und 18 Uhr »mäßiger Parkdruck«. In der Parkstraße reiht sich Karosse an Karosse, das Bild in der Kurstraße ist ähnlich. Tina Kaus aus Schwalheim ist dennoch zufrieden. »Ich habe heute um viertel nach vier das Parkticket über die App gezogen. Das ist praktisch. Ich habe schnell einen Parkplatz gefunden.« Dass der Druck laut der Homepage nur mäßig sei, dürfte an Standorten wie dem Parkdeck Sprudelhof und der unteren Lindenstraße liegen. Dort ist viel frei.
Fakten statt Bauchgefühl
Oliver Wolf (Fachdienstleiter Digitalisierung und IT) hält es für wichtig, mit Daten zu hinterlegen, was oft aus dem Bauchgefühl komme. Mitunter würden Menschen sagen: »Man bekommt keinen Parkplatz.« Der Blick ins »Bürgercockpit« stelle die Fakten dar.
»Es geht darum, die Wechselwirkungen zu verstehen«, fügt Wieliki hinzu. Er nennt als Beispiel die Luftqualität. Etwa, ob die Stadt verkehrsregelnd eingreifen muss oder es an der Stelle weitere Dinge braucht, um gegebenenfalls die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Die laut der Messdaten gut ist. Maria Krassowski, die mit ihrem Mann auf einer Bank gegenüber des Aliceplatzes sitzt, muss dazu nicht ins Handy schauen. Grund für die gute Luft sind nach Ansicht des Paares die Salinen und die Grünanlage. »Wir sind oft in Frankfurt«, sagt die Bad Nauheimerin. Komme man zurück in die Kurstadt, sei der Kontrast sehr deutlich.
Zeigen, was die Daten für die Stadt leisten können
Die Anzahl der Fußgänger auf bestimmten Routen ist ein weiterer spannender Aspekt. »Das ist für Ladenbetreiber durchaus interessant. Hinsichtlich der Lage, der Öffnungszeiten, Marketing-Aktionen«, nennt Wieliki Beispiele. Im Grunde seien die Infos als »fachliche Dashboards« für Politik und Verwaltung wichtig. Mit der Bürgerschaft würden sie geteilt, um transparent zu sein. Um zu zeigen, was Daten für die Stadt leisten können. Wieliki: »Oder wenn ich wissen will: Lohnt es sich heute Abend, in die Stadt zu gehen und ein paar Leute zu treffen? Oder anders rum. In der Pandemie war es schon relevant: Wie viele Menschen sind da gerade? Aber Gott sei Dank ist das ja weniger geworden.«