Am Dienstag nach den Ostertagen sollen die Leserinnen und Leser der WZ mit einer Reportage über die Arbeiten im Bad Nauheimer Kurpark begrüßt werden, wenn sie die erste Lokalseite aufschlagen. Stattdessen ist von einem Doppelmord zu lesen, geschehen am Karsamstag - ebenfalls in Bad Nauheim. Statt Kurpark-Idylle ist das Verbrechen im Grießbreiviertel der »1-Aufmacher«. Aus rein journalistischer Sicht hat sich mal wieder gezeigt: Planung ist unverzichtbar, muss aber im Zweifelsfall über den Haufen geworfen werden.
In diesem Artikel nun möchten wir Ihnen Einblicke in unsere Arbeit geben. Wieso machen wir Dinge so, wie wir sie machen? Eines vorweg: Auch Redakteure, Volontäre und freie Mitarbeiter sind Menschen, machen Fehler. Wir versuchen, die Quote so gering wie möglich zu halten. Sollte uns doch ein Lapsus passieren, sind wir froh, wenn Sie uns darauf hinweisen.
Immer auch die Gegenseite hören
Zurück zu Planung und Effektivität: Sobald etwas Dringendes und/oder extrem Wichtiges »dazwischen kommt«, müssen wir reagieren. Schauen, ob eine andere Geschichte auch später »noch gut« ist. Unfälle, Brände, Sturm, Hochwasser, Festnahmen, ein Superstar, der seinen Besuch in der Wetterau ankündigt - die Reihe der potenziellen Gründe, die Planung und damit die Seite(n) umzuwerfen, ist lang. Das Grundgerüst ist aber die durchdachte Planung. Auf alles andere muss die Redaktion spontan reagieren.
Umgekehrt gibt es Fälle, in denen wir mit der Veröffentlichung bewusst warten. Nämlich dann, wenn beispielsweise jemand die Stadt beschuldigt, die eine Straße zu sanieren, obwohl es die andere doch viel nötiger habe. Vorwurf reiht sich an Vorwurf. Jetzt könnten wir das schnell ins Blatt heben, hätten damit keine Zeit verschenkt. Ein grundlegender Pfeiler des seriösen Journalismus ist jedoch, auch die Gegenseite zu hören. Sie muss genügend Zeit haben, ihre Argumente vorzubringen.
Natürlich gibt es auch andere Gründe dafür, warum nicht alles gleich am nächsten Tag in der Zeitung stehen kann. Ein Faktor ist der Platz. Wir »bestellen« zwar jeden Tag die Seiten für die übernächste Ausgabe, doch wer in den nächsten Stunden Pressemitteilungen in welchem Umfang an uns mailt und was noch alles an Unvorhergesehenem passiert, ist in dem Moment - richtig: unvorhersehbar.
Selbstverständlich liegt uns Aktualität am Herzen, dennoch wartet manchmal eine Jahreshauptversammlung länger auf eine Veröffentlichung als wir es gerne hätten. Vereinsinterne Berichte bringen wir meist gesammelt auf der Seite »Aus den Vereinen«, und wenn uns Schulen Pressemitteilungen senden, haben wir dafür die Seite »Aus den Schulen«. Es gibt Zeiten, in denen die Mailordner überquellen, und es gibt ruhige Phasen. Das spielt bei der »Wartezeit« eine Rolle.
Themenvielfalt und Presserecht
Welche anderen Faktoren sind entscheidend bei der Frage, wann was in der WZ steht? Themenvielfalt ist wichtig. Fünf Gerichtsberichte in einer Ausgabe, das muss nicht sein. Nur Politik wäre einseitig, nur menschelnde Portraits auch. Und so weiter. Das Layout soll attraktiv sein, die Ankündigung muss rechtzeitig erscheinen, aber auch nicht zu früh.
Auch das Presserecht ist zu beachten. Zwei Personen mit dem Teleobjektiv aus der Menge ziehen und die beiden nicht ums Okay für eine Veröffentlichung fragen - geht nicht. Genauso wenig wie Fotos aus einer Brandruine zu machen, Bilder von außen sind ok. Nummernschilder werden verpixelt, Angeklagte und Zeugen bei Gerichtsverfahren anonymisiert.
Es gibt auch Gründe, bestimmte Themen gar nicht zu platzieren. Gerüchte etwa, die nicht durch klare Fakten untermauert oder widerlegt werden können. Und Suizide: Man muss abwägen zwischen dem öffentlichen Interesse und der Gefahr des Nachahmungseffektes.
Wer als Lokaljournalist arbeitet, sollte Tag für Tag über den Tellerrand hinaus schauen, wissen, was in Deutschland und der Welt los ist. Entscheidungen, die in Berlin oder Wiesbaden getroffen werden, wirken sich auf die Wetterau aus, und so kann man beispielsweise die Menschen auf der Friedberger Kaiserstraße dazu befragen, was sie von Gesetz XY halten.
Wir möchten Sie umfassend, schnell und objektiv über alles Wichtige informieren. Darüber hinaus wollen wir unterhalten - mit Glossen, Reportagen und Portraits. Wir geben Tag für Tag alles, damit der Lokalteil Ihrer Zeitung ein Mehrwert in Ihrem Alltag ist.
Leser, die auch schreiben - und uns helfen
Der Tag des Lokaljournalismus ist eine gute Gelegenheit, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, herzlich »Danke« zu sagen. Natürlich dafür, dass Sie unsere Zeitung abonnieren oder sie am Kiosk oder im Supermarkt kaufen. Aber auch, weil Sie uns viele Texte und Fotos schicken, die dazu beitragen, dass die Seiten im Lokalteil mit vielen wichtigen Informationen und echten Hinguckern - Stichwort Leserfotos - gefüllt sind. Wir können nicht überall sein, sind darauf angewiesen, dass beispielsweise Vereine ihre Berichte vom Ausflug in den Schwarzwald oder von ihrer Jahreshauptversammlung an uns mailen. Die Faschingssitzungen sind ein weiteres Beispiel dafür, wie Wetterauer Zeit und Herzblut in Berichte und Fotos stecken, die dann in der Lokalzeitung ihren Platz finden. Darüber hinaus sind wir froh und dankbar, dass es viele Menschen in der Region gibt, die auf bestimmten Gebieten Experten sind und deren Expertise wir nicht missen möchten. Vielen Dank, liebe Leserinnen und Leser, für Ihren großartigen Einsatz!