Ein feiner Geruch von Kardamom und Safran liegt in der Luft, am Grill drehen sich zwei Brathähnchen, im Buffet liegt klein geschnittenes Gemüse bereit, das Koch Ammar Abdu zusammen mit Lammfleisch und einer Joghurtsoße in ein Fladenbrot einrollt. »Das ist der beste Laden in der Fressgasse«, sagt ein junger Mann, der auf sein syrisches Kabab mit gegrilltem Lammhackfleisch wartet. Als Mohamad Lababidi das Urteil des Kunden hört, strahlt er übers ganze Gesicht. Was das Geheimnis der syrischen Küche ist? »Alles ist besonders«, sagt Lababidi.
Der 34-jährige Syrer spricht ein nahezu perfektes Deutsch. Das hat er nicht etwa in einer Küche gelernt, sondern an der Frankfurter Goethe-Universität. »Ich habe ein Stipendium für einen Sprachkurs erhalten.« Lababidi hat in seinem Heimatland Mathematik studiert. Zwei Jahre lang arbeitete er in seiner Geburtsstadt Damaskus als Lehrer, es folgten vier Jahre in Kuwait. Als seine Aufenthaltsgenehmigung ablief, floh er nach Deutschland. »Das war eine schreckliche Reise. Ich hatte Todesangst«, erinnert er sich an die Überfahrt mit einem Boot von der Türkei nach Griechenland.
Eine Heimkehr ins zerstörte Syrien sei nicht möglich gewesen. »Wäre ich dort hin, hätte man mich am Flughafen verhaftet und in die Armee eingezogen. Oder in eine Miliz.« Seit sieben Jahren hat Lababidi seine Familie nicht mehr gesehen. Vater, Mutter und Schwester flohen nach Ägypten, ein Bruder ist Informatiker in den USA, ein anderer Arzt in Deutschland. Dieser Bruder lieh ihm Geld, um den Imbiss zu eröffnen.
Familie statt Studium
Eigentlich wollte Lababidi seinen Masterabschluss machen. Den dafür nötigen Sprachkurs brach er ab. Seine Partnerin kommt aus dem Libanon, wohnt derzeit in Leipzig, soll abgeschoben werden. Die beiden erwarten ein Kind, wollten längst geheiratet haben, hatten schon einen Termin auf dem Standesamt. »Dann war ein anderer Mitarbeiter zuständig und es fehlten angeblich Papiere.« Labadibi hofft, dass sich das Problem aus der Welt schaffen lässt. »Ich will meine Familie ernähren können. Deshalb habe ich das Studium zurückgestellt und den Imbiss aufgemacht.«
Während er für Einkauf und Kasse zuständig ist, bereiten sein Partner Ammar Abdu und ein Mitarbeiter Falafel, Homus oder Krisbi zu, frittiertes Hähnchenfleisch. Abdu hatte schon in Damaskus ein Restaurant. Der Imbiss-Name »Damas« ist eine Abkürzung der syrischen Hauptstadt. Bei der Geschäftsgründung ging Lababidi aber ein wenig übereifrig vor. Als er von dem Laden erfuhr, schlug er ein und unterschrieb den Mietvertrag. Als er am nächsten Tag zum Jobcenter ging, erfuhr er, dass es nach Vertragsabschluss keine Zuschüsse mehr gibt.
Partner gesucht
Das Geschäft läuft, die Kunden sind zufrieden, aber rentabel sei der Imbiss noch nicht. Die beiden Syrer mussten 750 Euro für einen Gasanschluss investieren. »Ich brauche Unterstützung«, sagt Labibidi, zumal er einige Tage nach Leipzig zu seiner Braut will. Ein Partner, der ins Geschäft einsteigt, wäre gut, sagt er. Noch ist seine Existenz und die seines Partners nicht gesichert.
Jürgen Schäfer, Inhaber der Fressgasse, freute sich, als sich die beiden Syrer um den kleinen Laden bewarben. »Ich will für die Kunden einen bunten Mix an Essensangeboten bereitstellen. Hier kommen viele Familien her. Da will der Sohn italienisch essen, die Tochter chinesisch und der Vater türkisch. Das ist nur in der Fressgasse möglich.« Die syrische Küche sei eine prima Ergänzung. Seit 20 Jahren gibt es die Fressgasse. Momentan gibt es dort sechs Imbisse, einen Zeitungsladen, ein Casino und die WZ-Geschäftsstelle. »Die beiden haben gleich einen guten Eindruck gemacht.« Gegessen hat Schäfer im »Damas« auch schon. »Das Hähnchen schmeckt hervorragend.«
Und was ist nun das Geheimnis der syrischen Küche? »Wir kochen alles frisch, bereiten alles selbst zu«, sagt Labibidi. »In Syrien nimmt man sich viel Zeit für das Essen, das gilt auch für die Zubereitung.« Dann serviert er dem Reporter eine warme Süßspeise, die herrlich duftet und Lust auf mehr macht.