02. Mai 2025, 19:10 Uhr

Nabu-Linden

»Plagegeister«, aber doch nützlich

Der Wespen- und Hornissen-Experte Reiner Jahn gibt einen Einblick in das Leben beider Arten.
02. Mai 2025, 19:10 Uhr
TWI

/Linden . Kaum wird der Kuchen auf den Tisch gestellt, sind die Wespen und nicht selten auch Hornissen schon da, umschwirren die Menschen und naschen von den süßen Leckereien. Während die einen, in Sorge, gestochen zu werden, ängstlich aufspringen oder mit den Händen in Richtung der Insekten wedeln, bleiben andere seelenruhig sitzen. Doch wie gefährlich sind Wespen und Hornissen wirklich für den Menschen? Wie sollte man sich ihnen gegenüber am besten verhalten? Sind die größeren Hornissen tatsächlich sehr viel aggressiver als Wespen, wie viele glauben? Und sind beide Arten eigentlich nützlich für die Natur und somit auch für den Menschen? Weil die Lindener Ortsgruppe des Naturschutzbunds (Nabu) ebenfalls zahlreiche Anrufe hierzu erreicht hatte, organisierte sie nun die Veranstaltung »Verkannte Nützlinge: Wespen und Hornissen« mit dem Imker Reiner Jahn, der beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Beauftragter zur Bekämpfung der invasiven und sich ausbreitenden Asiatischen Hornisse ist.

Regulatoren im Naturhaushalt

Zu Beginn widmete sich der Experte der Gemeinen Wespe, so der Arten-Name, die im Sommer von vielen als »Plagegeist« wahrgenommen wird. Wespen seien jedoch nicht nur Räuber, sondern auch Regulatoren im Naturhaushalt.

Eine einzige Wespe vertilge im Laufe eines Sommers mehrere Kilogramm Insekten, darunter Fliegen, Mücken, Raupen und sogar Blattläuse. Besonders in naturnahen Gärten würden sie als wahre Nützlinge auftreten. Eingehend auf die unterschiedlichen Wespenarten - von Langkopfwespe über Kurzkopfwespe und der bereits früh im Jahr aktiv werdenden Haus-Feldwespe - machte er deutlich, dass nicht alle Wespenarten am Menschen interessiert sind. Von den rund 600 Wespenarten in Deutschland suchen sich nur zwei gezielt Süßspeisen aus, nämlich die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe.

Der Großteil lebt dagegen versteckt und trägt unauffällig zur Bestäubung und Schädlingskontrolle bei. Wespen seien gerade im Spätsommer besonders aktiv, weil in dieser Zeit die Brutpflege ende und die Arbeiterinnen weniger zu tun haben. Dies werde in verstärkten, aber eigentlich überflüssigen Nestbau investiert, wie auch in verstärkte Zuckersuche. Gerade deshalb seien Wespen auf Kuchen, Limonade oder Bier anzutreffen.

Ganz anders die Haus-Feldwespe, die viele gar nicht kennen, obwohl sie immer häufiger an Häusern und in Gärten anzutreffen ist. Gerade diese Insektenart sei ausgesprochen friedlich und scheu, so der Imker. Ihre offenen Nester baue sie gerne unter Dachvorsprüngen, Rolladenkästen oder an Balkonen. An Süßspeisen und Getränken zeige sie allerdings wenig Interesse. Weil bei ihrem Nest die typische schützende Hülle wie bei anderen Wespenarten fehle, sei sie leicht zu erkennen und zu unterscheiden.

Wer ein Nest entdecke, müsste es nicht gleich entfernen. Vielmehr genüge oftmals, den Bereich einfach in Ruhe zu lassen, empfahl Jahn. Wespen kehrten auch nie wieder in ihre Nester zurück, denn das Volk stirbt im Herbst ab. Eine Mehrfachnutzung sei nicht gegeben. Einzig befruchtete Jungköniginnen überwintern, jedoch nicht im alten Nest. Wer also im Spätherbst ein leeres Nest entdeckt, kann es problemlos entfernen, ohne befürchten zu müssen, dass dort im Frühjahr wieder Wespen einziehen.

Überhaupt riet Jahn zu einem respektvollen Umgang, denn Wespen würden nur stechen, wenn sie sich bedroht fühlen. »Sie haben kein Interesse an uns. Hornissen sind sogar noch friedlicher als Wespen und scheuen den Kontakt mit Menschen«, berichtete der Experte. Und auch Hornissen seien keine aggressiven Tiere, wie viele denken. »Sie greifen nur an, wenn ihr Nest bedroht wird. Und sie leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Schädlingsbekämpfung, denn sie fressen täglich große Mengen an Fliegen, Mücken und anderen Insekten.«

Hornissen-Nester wirkten oft wild, unregelmäßig und »unsauber«. Dies liege auch daran, dass Hornissen grobe Holzfasern nutzen, die sie von verwittertem Holz abnagen. Daraus resultiere die typische bräunliche Farbe und eine eher grobe Struktur, im Gegensatz zur Faltenwespe, deren Nester meist grauer und feiner aussehen.

Asiatische Variante breitet sich aus

»Hornissen-Nester sind stabil, gut durchlüftet und erfüllen ihren Zweck hervorragend«, berichtete der Referent. Hohe Bäume, Dachböden, Nistkästen, möglichst wettergeschützt und in ruhiger Lage, seien geeignete und bevorzugte Standorte. Und auch die Nester von Hornissen würden nur für eine Saison bewohnt.

Die Asiatische Hornisse, die sich seit Beginn des Jahrtausends auch in unserer Region immer weiter ausbreitet, ist generell meldepflichtig (Sichtungsmeldung online unter www.hlnug.de. Ebenso verpflichtend ist lediglich die umgehende Entfernung der Nester, aber nicht deren Suche. Diese Art ist nicht nur kleiner als unsere heimischen Hornissen, sondern auch deutlich aggressiver gegenüber anderen Insekten, berichtete Reiner Jahn.

Die Asiatische Hornisse baut oftmals große Nester hoch oben in Bäumen. Für den Menschen gehe von ihr keine erhöhte Gefahr aus, solange man sich ihrem Nest nicht nähere. Es sei jedoch eine ökologische Herausforderung, mit ihr umzugehen, gab der Imker zu bedenken.



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