Laubach . Freitagnachmittag gegen 16 Uhr ist normalerweise in der Freienseener Grundschule schon lange eine himmlische Ruhe eingekehrt. Die Schüler und Lehrer sind um diese Uhrzeit längst im wohlverdienten Wochenende angekommen. Doch am Freitag der vergangenen Woche strömten gegen 16 Uhr viele Erwachsene in die Turnhalle gegenüber der Schule. Die einmal jährlich stattfindende Projektwoche hatte diesmal nur ein Thema: Trommeln! Trommeln bis zum Schlussakkord.
Wer den Saal betrat, hatte ein faszinierendes Bild vor Augen: Auf und vor der Bühne standen Trommeln. Nicht zwei oder drei, auch nicht zehn oder zwanzig, es waren mehr als 100. Noch schwiegen sie. Aber jeder ahnte, dass es bald laut werden würde in der Halle. Von den Schülerinnen und Schülern war aber noch nichts zu sehen.
Die Geschichte der kleinen Djembi
Ein breiter Gang teilte die Stuhlreihen in der Halle in zwei Hälften. Davor hatte Fallou Sy seine Verstärkeranlage aufgebaut. Der junge Mann, der aus dem Senegal stammt, hatte in den Tagen zuvor mit den rund 100 Kindern und 20 Erwachsenen geübt, wie man die Trommeln richtig schlägt und im vorgegebenen Rhythmus mit den Händen klatscht.
Doch der Reihe nach: Zur Aufführung kam die Geschichte um die kleine Trommel Djembi. Sie wollte wachsen und eine große Trommel, eine Großvatertrommel, werden. Das, so sagte Fallou Sy, könne sie aber nur, wenn sie viele Lieder, Rhythmen und Tänze lerne. Und so machte sich die kleine Trommel Djembi aus ihrem Geburtsort an der afrikanischen Westküste auf den Weg und erlebt dabei ein außergewöhnliches Abenteuer.
Djembi wurde von Zebras, Vögeln, Elefanten und Krokodilen begleitet - gespielt von Schülern, Lehrern und weiteren Erwachsenen. Fallou Sy, Leiter des in Gießen ansässigen Trommeltheaters, rief eine Gruppe nach der anderen in die Halle und auf die Bühne. Der Geräuschpegel stieg, und die ersten Trommelschläge sorgten für einen langen Gänsehautmoment. Man sah schon beim Einmarsch, dass die Beteiligten mit großer Begeisterung bei der Sache waren.
Als alle ihren Platz eingenommen hatten, erzählte Fallou, was die Gäste (die Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt) sehen und vor allem hören werden. Um es schon mal vorwegzunehmen: Die Krokodile waren friedlich - und alle anderen Tiere auch. Als zum ersten Mal an diesem Nachmittag alle gleichzeitig auf ihre Trommel schlugen, da bebte die Halle, der Fußboden vibrierte. Die Begeisterung der Darsteller und Gäste stieg mit jeder neuen Szene.
Publikum wünschte sich eine Zugabe
Die für viele emotionalste Szene der Aufführung war das Lied von den Sternen. Der Refrain geht so: »Liebe Sterne, liebe Sterne, wir haben euch so gern, ihr wacht über uns aus der Ferne, ihr wacht über uns in der Nacht.« Als das Lied endete, waren alle eingeschlafen, hatten ihre Köpfe auf ihre Trommeln gelegt.
Aber das war noch lange nicht das Ende. Das Abenteuer ging weiter. Beim Trommelfest der Tiere lernte Djembi viele neue Dinge. Am Ende hatte sie ihr Ziel erreicht: Sie wurde eine große Trommel. Der schon erwähnte Schlussakkord wurde allerdings nach hinten geschoben, weil aus dem Publikum heraus Zugabe-Rufe zu hören waren. Und die wurden auch erfüllt. Es hätte noch endlos lange weitergehen können.
Für die Schulleitung dankte Eva Walldorf Fallou Sy und allen Mitwirkenden für diese mal ganz andere Form einer Projektwoche. Die Vorstellung, dass viele, vielleicht alle, die mitgewirkt oder als Zuschauer gekommen waren, in der folgenden Nacht von Djembi träumen würden, ist berechtigt. So ein Erlebnis streift man auf dem Weg nach Hause nicht einfach ab.
Fallou Sy kommt aus einer großen senegalesischen Griot-Familie und hat bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Trommeln angefangen. Griots sind im Senegal dafür verantwortlich, dass die afrikanische Kultur lebendig bleibt. Sie tragen Volksweisheiten, Geschichten und Neuigkeiten an die Menschen heran und singen und tanzen für sie. Bereits im Senegal hat Fallou Sy mit großer Begeisterung in verschiedenen Projekten mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.
»Man braucht viel Energie«
Seit 2008 lebt und arbeitet Fallou als Musiker und Trommellehrer in Deutschland und gibt seine Leidenschaft fürs Trommeln und die afrikanische Musik an große und kleine Musikbegeisterte weiter. So eine Woche, wie die in Freienseen, sei anstrengend, sagt Fallou. Aber wer es gerne und mit Leidenschaft mache, spüre das gar nicht richtig. Er fügt hinzu: »Man braucht allerdings viel Energie. Die Freude am Trommeln steht dabei immer im Vordergrund.« Und diese Freude war auch in der Turnhalle deutlich zu spüren.