01. Mai 2025, 20:33 Uhr

Siedlung Bergwerkswald

Illegales wird wohl legal in Linden

Unter sehr, sehr engen Grenzen wollen die Lindener Stadtverordneten die illegalen Bauten in der Siedlung legalisieren.
01. Mai 2025, 20:33 Uhr
EWW
Das Mehrfamilienhaus in der Siedlung »Am Bergwerkswald« ist mittlerweile wohl nicht mehr bewohnt. Die Aufnahme stammt aus dem Vorjahr. Zukünftig darf das Gebäude nur noch für Gewerbe genutzt werden. Archivfoto: Wißner

Linden . Die illegale Bebauung in der Siedlung »Am Bergwerkswald« in Linden wird stark eingeschränkt legalisiert. Zumindest eine Empfehlung, einen Bebauungsplan auf Kosten zweier Eigentümer erstellen zu lassen, traf jetzt der Bauausschuss der Stadt Linden um Burkhard Nöh (CDU).

Die Mini-Siedlung, umgeben von Wald westlich an der Landesstraße 3130 gelegen, war in die Schlagzeilen geraten, weil dort Gebäude illegal errichtet worden waren, trotz Baustopps weitergebaut wurde und letztlich Nutzungen nicht angegeben wurden, für die Baugenehmigungen einzuholen gewesen wären.

Zuletzt zog die Kreisbauaufsicht, die öfter zuvor mit Zeitabstand vor Ort war, im Vorjahr die Reißleine und sprach Nutzungsverbote unter Fristablauf aus. Bewohner eines Mehrfamilienhauses, einer Villa und einer weiteren Wohnung mussten sich neue Bleiben suchen. Hier hatte eine Gießener Stiftung finanziell Schwächeren Wohnraum überlassen.

Stadt hilft bei Wohnraumsuche

Auf Nachfrage des Anzeigers erklärte Bürgermeister Fabian Wedemann (CDU), dass die Stadt geholfen habe, neuen Wohnraum für Mieter des Mehrfamilienhauses zu finden, die sich an die Stadt zwischenzeitlich gewandt hatten. Das sei auch gelungen.

Ein Bebauungsplan gab es nicht für das Gebiet, das einst das Bauunternehmen Steinbrecher nutzte. Später siedelten sich hier das Prüflabor Liscon sowie die Stifter in einer modernen Villa an.

Es gibt dritte Eigentümer, die eine Wiese samt Halle erstanden, aber sich nicht an den Kosten der Realisierung eines Bebauungsplans beteiligten.

Wird der Bebauungsplan, der ein reines Gewerbegebiet vorsieht, umgesetzt, dann dürfen nur Betriebswohnungen dort genutzt werden. Eine solche belegt der Liscon-Eigentümer. Lediglich diese Art der Wohnraumnutzung ist weiterhin rechtens. Auf seinem Firmengelände waren allerdings zweistöckige Raumcontainer ohne Genehmigung aufgestellt worden. Über die Aufstellung des Bebauungsplans wird am 13. Mai die Stadtverordnetenversammlung entscheiden.

Noch einige Unwägbarkeiten

Im Bauausschuss wurde schon angesprochen, was im Verfahren eventuell noch auf die Eigentümer als Auflagen seitens der Träger öffentlicher Belange zukommen könnte. Das Ausschussmitglied Dr. Ulrich Lenz (CDU), Lindens Ehrenbürgermeister, erinnerte sich, dass vor 30 Jahren schon ein Bebauungsplan nicht umsetzbar gewesen sei, unter anderem, weil das einstige Straßenverkehrsamt, heute Hessen Mobil, die Siedlungsanbindung von und zur Landesstraße kritisiert habe. Es war von einem Fahrbahnteiler die Rede, der eventuell gefordert werden könnte. Die Stadt Gießen, die für die Abwasserbeseitigung im Auftrag der Stadt Linden im Gebiet zuständig ist, sehe sich zudem nicht mehr in der Lage, mehr Abwässer für andere aufzunehmen, fügte Lenz hinzu.

Baugrenzen werden enger gezogen

Ralf Burkart (CDU) und Dr. Christof Schütz (Grüne) fragten den Planer sehr genau nach den Baugrenzen und den bebaubaren Flächen, die nunmehr in einer Abänderung eng an die Gebäudemaße rücken werden. Auch Dirk Hansmann (SPD) war das im Plan aufgefallen. Eine Neu- oder erweiterte Bebauung wollen die Kommunalpolitiker ausschließen, lediglich den Bestand sichern.

Als all die illegalen Vorgehensweisen, teils mit hohen Bußgeldern belegt, 2023 öffentlich wurden, waren die Eigentümer in anschließenden Sitzungen heftig von Kommunalpolitikern kritisiert worden. Wie könne man anderen gesetzestreuen Bürgern solch ein Vorgehen erklären und es dann noch seitens der Stadt letztlich legalisieren, wurde gefragt.

Stadt will Haftung ausschließen

In der aktuellen Sitzung des Bauausschusses kam zur Sprache, dass zum Bauleitplanverfahren parallel ein städtebaulicher Vertrag mit den Eigentümern angedacht sei, um die Stadt vor Schadensersatz-Forderungen zu schützen, da es sich um ein Bergbaugebiet mit Hohlräumen sowie ein bewaldetes Gebiet handelt, in dem Bäume umstürzen könnten.

Lindens Bürgermeister Fabian Wedemann (CDU) betonte zur Einführung in das sensible Thema, dass das Gewerbegebiet mit Betriebswohnungen auf den Weg gebracht werden könne. Die Eigentümer hätten alle Auflagen erfüllt, sämtliche Gutachten würden vorliegen. Es bestehe dort keine erhöhte Gefahr, hätten die Aussagen der Fachleute ergeben.

Für die Eigentümer stellte am Dienstagabend Planer Mathias Wolf (Fischer-Plan) das Vorhaben vor wie auch Gutachten zu möglichen Kampfmittelfunden und Bergwerks-Hohlräumen. Auf den Grundstücken fanden Probebohrungen bis zu einer Tiefe von 26 Metern statt, wobei sich die Experten auf Karten des Bergamtes, das beim Regierungspräsidium angesiedelt ist, stützten. Sie waren alle verfüllt, erklärte er. Kampfmittel wurden bei Sondierungen nicht gefunden. Wolf sprach von fünf Gutachten, die die Vorhabenträger, die ihn beauftragten, vorgelegt hätten.

Auf dem Liscon-Gelände müssen 15 gestapelte Raumzellen-Container gegen Umkippen gesichert werden. Ein mittlerer Teil zwischen Villa und Mehrfamiliengebäude, dem ehemaligen Steinbrecher-Haus, bleibt unbeplant. Einem Zielabweichungsverfahren für den Regionalplan bedarf es nicht, da es sich lediglich um ein Vorbehaltsgebiet Landwirtschaft handele, in dem bis zu fünf Hektar für Gewerbe planerisch genutzt werden dürften. Ein Vorkommen der Schlingnatter müsse zudem beachtet werden, meinte Wolf.

Ralf Burkart (CDU) wollte wissen, warum »das Stück in der Mitte« nicht aufgenommen wurde. »Nur der Bestand soll gesichert werden. Der weitere Eigentümer kann es eh nicht bebauen und beteiligt sich auch nicht an den Kosten«, antwortete Wolf. Schütz sprach die Baufenster im Plan an, die größer sind als der Bestand. »Man könnte Gebäude abreißen und dann größer bauen«, befürchtete er.

Und Katrin von der Decken (Grüne) befasste sich mit dem Liscon-Grundstück, in dem weitere Bebauung aufgrund der Bau- als auch Grundstücksgrenzen möglich gewesen wäre. Der Planer versprach, hier nachzubessern und die Baugrenzen um die einzelnen Gebäude zu ziehen.

Unter dieser Maßgabe empfahl der Bauausschuss das Vorhaben. Lediglich Joachim Schaffer (FW) wandte sich dagegen, ein Ausschussmitglied der Grünen und zwei SPD-Mitglieder enthielten sich.



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