23. Juni 2017, 17:51 Uhr

Marburg

Zeichen setzen gegen Extremismus

Das Thema Extremismus und seine Bekämpfung stellte der Landkreis Marburg-Biedenkopf in den Mittelpunkt einer Informationsveranstaltung in der Kreisverwaltung.
23. Juni 2017, 17:51 Uhr
Im Foyer der Kreisverwaltung stellten verschiedene Akteure ihre Arbeit im Bereich (politischer) Bildung, Gewalt-/Extremismus-Prävention und -Bekämpfung vor. Foto: Landkreis

Experten gingen vor rund 100 Zuhörinnen und Zuhörern Fragen zur Entwicklung von Extremismus und zu Gegenmaßnahmen nach. Dabei ging es nicht nur um religiösen Extremismus. Auch politischer Extremismus von rechts und links waren Themen. Fachleute standen während einer angeregten Podiumsdiskussion den Zuhörern Rede und Antwort oder informierten mit Fakten und Hintergrundinformationen.

Anhängerzahl des Salafismus nimmt zu

Dr. Julia Emig vom Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz informierte über Salafismus. Laut Referentin nimmt die Anhängerzahl dieser konservativen Strömung des Islam zu und sei aktuell die »am schnellsten wachsende Strömung im Extremismus«. Das Land Hessen liege mit 1.600 Personen bei bundesweit 10.000 Anhängern auf Platz zwei aller Bundesländer, wobei die Zahlen seit vergangenem Jahr stagnieren, berichtete die Referentin.

Der Salafismus werde in den politischen Salafismus und den jihadistischen Salafismus unterteilt und sei »derzeit eine zentrale Herausforderung für die innere Sicherheit«, so Emig. Der extremistische Teil der Szene sei von einer »Sogwirkung« des so genannten Islamischen Staates betroffen. Um dieser Tendenz von staatlicher Seite effektiv zu begegnen, sei ein »ganzheitlicher Bekämpfungsansatz, Informationsaustausch, die Vernetzung aller beteiligten Behörden und Akteure sowie die Einbindung zivilgesellschaftlicher Träger« entscheidend.

»Je früher man mit Prävention beginnt, desto wirkungsvoller kann sie sein«, sagte Dr. Klaus Bott vom Landespolizeipräsidium. Er stellte die Arbeit des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrums gegen Extremismus beim Landespolizeipräsidium vor, das Projekte und Programme aus ganz Hessen miteinander vernetzt.

Dr. Reiner Becker vom Institut für Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg stellte das »beratungsNetzwerk hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus« vor. Dieser Kooperationsverbund vereint mehr als 30 staatliche und zivilgesellschaftliche Träger aus Hessen sowie rund 40 mobile Berater. Gemeinsame Ziele sind eine professionelle Beratung und Hilfe für Betroffene und Interessierte in Fällen von Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Rassismus.

Frühe Integration als Mittel der Prävention einsetzen

Professor Dr. Ulrich Wagner hob eine frühe Integration als erfolgreiches Mittel der Prävention hervor, etwa im Bereich der Flüchtlingshilfe. Bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen sprach er sich etwa gegen eine »Ghettoisierung« aus.

Diesen Ansatz verfolgt auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf. »Der Landkreis setzt auf eine Miteinander-Kultur«, unterstrichen Landrätin Kirsten Fründt und der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. Sie berichteten von präventiven Maßnahmen gegen Extremismus, die vor Ort bereits umgesetzt würden. »Ein wichtiger Ort für die richtige Art von Integration ist die Schule. Im Landkreis haben wir eine stark ausgebaute Schulsozialpolitik – darauf bin ich stolz«, betonte die Landrätin. Darüber hinaus habe sich unter anderem die Volkshochschule das Thema Politische Bildung auf die Fahnen geschrieben.

Ansätze gegen Extremismus funktionierten im Landkreis Marburg-Biedenkopf nach den »5 B’s«: Bilden, Beobachten, Begeistern, Beispiel bilden und Begegnen. Es sei wichtig, um Extremismus nicht wachsen lassen, mit gutem Beispiel voranzugehen und niemanden fallen zu lassen, »uns aber auch abgrenzen, wenn es angebracht ist«, betonte Zachow.

Politisches Zeichen gegen Extremismus setzen

Mit dieser öffentlichen Veranstaltung wolle der Kreistag ein politisches Zeichen setzen, sagte Kreistagsvorsitzender Detlef Ruffert. »Extremismus schadet einem friedlichen und würdevollen Zusammenleben. Wir wollen aufzeigen, wie wichtig es ist, staatliche Organe zu unterstützen und die Prävention weiter zu stärken.«

Informationsmarkt im Foyer

Gut besucht war auch der parallel veranstaltete Informationsmarkt im Foyer der Kreisverwaltung. Verschiedene Akteure stellten vor Ort ihre Arbeit im Bereich (politischer) Bildung, Gewalt-/Extremismus-Prävention und -Bekämpfung vor. Die erfahrenen Praktiker luden zu einem Austausch ein und kamen mit zahlreichen Besuchern ins Gespräch. (rhä)

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