17. März 2019, 15:00 Uhr

Marburg

Finanzaufsicht soll beim Landkreis bleiben

Die hessische Landesregierung plant die weitere Zentralisierung von Aufgaben, die bisher bei den Landkreisen angesiedelt waren.
17. März 2019, 15:00 Uhr
Landrätin Kirsten Fründt und die Bürgermeister der Kreiskommunen lehnen die Pläne der Landesregierung strikt ab (von links): Peter Eidam (Weimar), Hans Rösel (Erster Beigeordneter Cölbe), Thomas Groll (Neustadt), Christian Somogyi (Stadtallendorf), Julian Schweitzer (Bad Endbach), Peter Kremer (Gladenbach), Ulrich Ley (Finanzaufsicht des Kreises) und Gernot Wege (Steffenberg). Foto: Landkreis

Konkret geht es um die Finanzaufsicht über die kreiszugehörigen Städte und Gemeinden. Entsprechende Pläne werden vom Landkreis Marburg-Biedenkopf und den Kreiskommunen entschieden abgelehnt. »Nachdem das Land bereits bei der Verschiebung von Verantwortlichkeiten im Katastrophenschutz am Widerstand der Landkreise gescheitert ist, versucht es die Landesregierung jetzt auf dem Feld der Finanzaufsicht über die Kommunen – aber auch diese Pläne sind nicht zu Ende gedacht«, erklärte Landrätin Kirsten Fründt. Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen werde es konkret: Die Landesregierung wolle die Finanzaufsicht bei den drei hessischen Regierungspräsidien konzentrieren und begründe dies mit stärkerer Vereinheitlichung, größerer Effizienz und mehr Objektivität.

Landkreise kontrollieren Haushaltspläne

Bisher prüfen und überwachen die Landkreise als Aufsichtsbehörde die finanzielle Entwicklung und die Haushaltspläne der Städte und Gemeinden. Ausnahme: Die Kommunen, die unter den finanziellen Schutzschirm des Landes geschlüpft sind, wurden in dieser Zeit durch die Regierungspräsidien geprüft.

Die Finanzaufsicht durch den Landkreis sehen die Bürgermeister positiv: »Wir fühlen uns als Städte und Gemeinden beim Kreis gut aufgehoben«, betonte Peter Eidam, Sprecher der Bürgermeister im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Zudem würden Effizienz und Objektivität beim Kreis gut abgebildet. »Im Moment gibt es kurze Wege – und das soll auch so bleiben«, bekräftigte Eidam.

»Wir sind näher dran, wir kennen die Akteure, die regionalen Herausforderungen und auch manche Sorgen und Nöte bei den Kommunen. Das ist die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der kommunalen Familie«, fügte die Landrätin hinzu. Es sei nicht zielführend, wenn künftig relevante Finanzentscheidungen rein nach Aktenlage und vom »großen Tisch« des Regierungspräsidenten getroffen würden.

»Wenn das Land mit angeblich mehr Effizienz und mehr Objektivität durch die Regierungspräsidien argumentiert, dann ist das eine Ohrfeige für alle hessischen Landkreise«, entrüstet sich Fründt.

Bewährte Strukturen infrage stellen

Im Umkehrschluss bedeute dies, das es bei den Landkreisen an Effizienz und Objektivität fehle. »Das ist nicht nur eine bodenlose Frechheit, sondern auch ein völlig überflüssiger Eingriff in die Kompetenz der Kreise. Das Land stellt bewährte föderale Strukturen ohne Not infrage.«

Die Landrätin bezweifelt zudem, dass das Land die erforderlichen Personalressourcen hat. Beim Regierungspräsidium in Gießen müssten dann die Haushaltspläne von 21 Städten und Gemeinden aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf geprüft werden. Hinzu kämen die Kommunen aus den anderen mittelhessischen Landkreisen – insgesamt rund 100 Städte und Gemeinden. »Es ist mir schleierhaft, wie die Behörde diesen zusätzlichen Aufwand in angemessener Zeit stemmen soll«, sagte Fründt.

Fristgerechte Abwicklung

Die Finanzaufsicht des Kreises schaffe es, die Haushaltspläne innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von drei Monaten zu prüfen. Zudem bekomme die Finanzaufsicht des Kreises regelmäßig ein positives Feedback für die zügige Abwicklung der Haushaltsprüfung und -genehmigung. Die Frage der Effizienz bemesse sich auch an dem detaillierten Wissen über gewachsene Strukturen und finanzielle Hintergründe der Kommunen, das sich die Mitarbeiter des Kreises angeeignet haben: »Sie können so mit einem ganzheitlichen Blick die Finanzpläne der Städte und Gemeinden prüfen«, erläuterte die Landrätin. Auch schlössen sich vertrauensvolle Zusammenarbeit auf der einen und Objektivität auf der anderen Seite keineswegs aus.

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