26. Oktober 2019, 11:00 Uhr

Stadtallendorf

Denkmalgeschütztes Haus - Fluch oder Segen?

Ein altes Haus besitzt Charakter und ist Zeugnis traditioneller Handwerkskunst.
26. Oktober 2019, 11:00 Uhr
Bei Fachwerkhäusern sind oft hohe Sanierungskosten nötig.

Doch sobald eine Sanierung, ein Umbau oder eine Restaurierung ansteht, gelten feste Regeln und Bestimmungen, die zu höherem Aufwand und Kosten führen können. Ist es lohnenswert, Beratung und Fördermöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, um kulturhistorisch-interessante Bausubstanz zu erhalten? In einem Interview nimmt Carsten Fehr zum Themenkomplex Denkmalschutz Stellung.

Herr Fehr, Denkmalschutz - bei diesem Wort zuckt so mancher Eigenheimbesitzer zusammen. Warum ist das so?

Fehr: Denkmalschutz und Denkmalpflege sind bei vielen Menschen und Denkmalbesitzern negativ belegte Wörter. Denkmalschutz wird oft als Gängelung empfunden und als unnützes Regulativ, an einem Denkmal Veränderungen vorzunehmen. Da die Tätigkeit des Denkmalschutzes keine Frage des persönlichen Geschmackes oder der Ästhetik ist, sondern anhand klarer Kriterien Gesetzgebung umzusetzen ist, stellt dies oft die Schwierigkeit im Vermittlungsprozess dar. In der persönlichen, auch Vor-Ort-Beratung, ist dies ein Hauptmerkmal einer aufklärenden, hilfreichen Beratung.

Planer und Architekten setzen den Bedenken auch gerne die Idee von der konstruktiven Kreativität entgegen. Ist das ein gangbarer Weg für die Zukunft?

Fehr: Wenn konstruktive Kreativität bedeutet: Rückbau, massiver Eingriff, statt Auseinandersetzung mit dem Denkmal und Lösungsfindung im Bestand, ist dies nicht der Weg, der zu gehen ist. Arbeiten am Denkmal heißt, die Zielrichtung der maximal möglichen Substanzerhaltung zu verfolgen. Wenn konstruktive Kreativität bedeutet: Schaffenskraft und architektonische Leistung im Denkmal umzusetzen, ist dies eine ganz hoch anzusetzende Disziplin im Tätigkeitsfeld von Planern und Architekten.

Für Städte und Kommunen ist es von großer Bedeutung, historische Substanz zu erhalten und zugleich Lebensqualität zu verstärken. Was kann hier der Denkmalschutz leisten?

Fehr: Unter Denkmalschutz versteht man die hoheitlichen Tätigkeiten, unter Denkmalpflege die wissenschaftlichen und beratenden Tätigkeiten. Beide sind zwingend für eine nachhaltige und wertige Entwicklung eines Ortes, Stadt oder Landkreis zu sehen. Mit diesen und weiteren Instrumenten kann im kommunikativen Entwicklungsprozess von Lebensqualität geprägten Kommunen eine nachhaltige Wertschätzung für den Denkmalbestand geschaffen werden.

Für wie bedeutend halten Sie es, in Stadtallendorf und in seinen Stadtteilen aktiven Denkmalschutz zu forcieren?

Fehr: Die reichhaltige, zum Teil als Alleinstellungsmerkmal auftretende Architektur in Stadtallendorf bedarf dem Schutz. Denke man nur an die Vielgestalt der Fachwerkarchitektur in Form von Hofanlagen und herrschaftlichen Gebäuden. Bedeutenden Kirchenbauten der 60er-Jahre oder die von Otto Bartning gebauten Notkirchen, Siedlungshäuser der 30er- und 40er-Jahre und der komplexen Architektur der DAG und WASAG. Persönlich halte ich es für wichtig, diese und andere Denkmalarchitektur zu schützen und vor einer Überformung zu bewahren. Das heißt nicht, dass es dann zu keiner Nutzung dieser Architektur mehr kommt. Vielmehr sind hier wie Anfangs beschrieben Kreativität und die Gabe für Ideen im Entwurf und die dazugehörige Ästhetik gefragt.

Welche Unterstützung können Bauherrinnen und Bauherren erwarten?

Fehr: Es gibt im Landkreis und bundesweit eine Vielzahl von Angeboten, die ein breites Spektrum der Fragestellungen abdecken. Von Antragsunterlagen bis zu Zuschüssen kann der Besitzer, Interessent, Leistungen und Beratungen bei den unterschiedlichsten Institutionen erhalten. Dazu gehören zum Beispiel Baubehörden, Architekten-, Handwerkskammern und freie Berater.

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